Deutsche Bank:Deutscher Bank droht Milliarden-Nachzahlung im Postbank-Streit

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Der Deutschen Bank droht eine hohe Nachzahlung an ehemalige Postbank-Aktionäre. (Foto: Arne Dedert/dpa)

14 Jahre nach der Übernahme der Postbank muss der Konzern womöglich frühere Aktionäre der Bonner Bank entschädigen - das hat nun auch Auswirkungen auf die Ergebnisse des Instituts.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Vierzehn Jahre nach der Übernahme der Postbank entpuppt sich der Kauf des Bonner Instituts immer mehr als eine Art Albtraum für die Deutsche Bank. In den vergangenen Monaten standen dabei noch IT-Probleme im Zentrum, die beim Umzug der Postbank-Daten auf die Plattform der Deutschen Bank aufgekommen waren. Jetzt drängt überraschend ein weiteres Thema auf die Tagesordnung: Dem Konzern droht nun doch eine Nachzahlung an die ehemaligen Aktionäre der Postbank. Das Oberlandesgericht Köln (OLG) habe am Freitag in einer mündlichen Verhandlung angedeutet, dass den Postbank-Aktionären bei der Übernahme der Postbank durch die Deutsche Bank vor 14 Jahren ein höherer Preis zugestanden haben könnte, teilte die größte deutsche Bank am späten Freitagabend mit. "In seinen Ausführungen deutete das Gericht an, dass es Teile dieser Ansprüche in einer späteren Entscheidung für begründet befinden könnte", hieß es in der Mitteilung.

Das Geldhaus hält die Ansprüche laut Mitteilung zwar weiter für unbegründet. Dennoch muss die Bank im zweiten Quartal jetzt eine Rückstellung bilden, weil nach der mündlichen Verhandlung die Wahrscheinlichkeit gestiegen ist, dass sie zahlen muss. Die den Postbank-Aktionären maximal zustehende Summe belaufe sich einschließlich Zinsen auf rund 1,3 Milliarden Euro, was ungefähr dem Nettogewinn des ersten Quartals entspricht.

Wie hoch die Rückstellung tatsächlich ausfällt, sagte die Bank nicht. Sie werde aber Auswirkungen auf die Profitabilität und die Kapitalquoten der Bank für das zweite Quartal und das Gesamtjahr haben. Wenn die gesamten 1,3 Milliarden Euro zurückgestellt werden müssten, würde dies die harte Kernkapitalquote um 0,2 Prozentpunkte senken. Ende März lag diese auch für die Dividende relevante Quote bei 13,45 Prozent. An den strategischen oder finanziellen Zielen ändere das nichts.

Die Postbank zu günstig übernommen?

Im Zentrum des Rechtsstreits steht die schrittweise Übernahme der Postbank durch die Deutsche Bank und die Frage, wann das Institut die unternehmerische Kontrolle bei der Postbank hatte. Der Streit wird bereits seit mehr als zehn Jahren über mehrere Instanzen und Gerichte hin und zurück ausgefochten. Zahlreiche Zeugen wurden gehört, darunter der frühere Post-Chef Frank Appel, während sich unter anderem der frühere Deutsche-Bank-Finanzvorstand Stefan Krause und Ex-Vorstandschef Josef Ackermann auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen hatten. Zunächst waren die Kläger auf ihrem Gang durch die Instanzen immer wieder gescheitert. Ende 2022 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) die Sache aber zurück an das OLG Köln verwiesen und war dabei den Argumenten der Kläger teilweise gefolgt.

Die Kläger - darunter das Anlegermagazin Effecten-Spiegel - gehen davon aus, dass die Deutsche Bank bereits 2008 die Kontrolle über die Tochter hatte. Wäre dies der Fall, hätten die Aktionäre deutlich mehr Geld für ihre Anteile bekommen müssen. In einem ersten Schritt hatte die Deutsche Bank zunächst 29,75 Prozent an der Postbank übernommen. Damit war sie seinerzeit knapp an die Schwelle von 30 Prozent herangekommen, ab der ein Käufer den übrigen Aktionären des übernommenen Unternehmens ein Kaufangebot machen muss. Dies gilt auch, wenn der Käufer unternehmerische Entscheidungen lenkt, also Kontrolle ausübt. Die Deutsche-Bank-Führung um dem damaligen Chef Josef Ackermann unterbreitete den Postbank-Aktionären aber erst 2010 ein Angebot, als der Aktienkurs wegen der Finanzkrise niedriger war. Erst 2015 gehörte ihr das Bonner Geldhaus dann komplett.

Bislang hat die Deutsche Bank so gut wie keine Rückstellungen für die Sache gebildet, sondern nur sogenannte Eventualverbindlichkeiten verbucht - nach SZ-Informationen in Höhe von zuletzt rund 1,3 Milliarden Euro - die aber nicht das Ergebnis belastet haben. Die Bank-Führung hielt es bislang für überwiegend unwahrscheinlich, dass man wirklich zahlen muss. Internen Unterlagen zufolge, die der SZ vorliegen, hatte die Rechtsabteilung der Bank den Rechtsstreit zeitweise aber durchaus als eines der größten Rechtsrisiken eingestuft.

Wann eine Entscheidung fällt, ist noch unklar. Angesichts der Komplexität dieses Rechtsfalls und der kurzen Zeitspanne seit den Aussagen des Gerichts werde das Management der Deutschen Bank die rechtlichen Argumente sowie die möglichen Auswirkungen auf die Finanzberichte weiter prüfen, hieß es. Sehr wahrscheinlich ist nun, dass sich die Parteien vergleichen werden. Erst am Donnerstag hatte das Geldhaus überraschend gute Quartalszahlen berichtet, was dem Aktienkurs weiter deutlich Auftrieb gegeben hatte.

Anmerkung: In einer früheren Version des Artikels hieß es, Stefan Krause habe als Zeuge ausgesagt. Das stimmt nicht, er hatte sich auf das Zeugnisverweigerungsrecht berufen.

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